BAG, Urteil vom 16. April 2025 – 10 AZR 80/24 –
Digitale Währungen wie Bitcoin oder Ether (ETH) sind längst nicht mehr nur ein Thema für Tech-Enthusiasten – auch in der Arbeitswelt gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Insbesondere Start-ups oder technologieaffine Unternehmen greifen auf Kryptowährungen zurück, um Provisionen oder Boni auszuzahlen. Doch wie rechtlich zulässig ist das? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun in einem wegweisenden Urteil klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Vergütung in ETH als sogenannter Sachbezug zulässig ist.
Sachverhalt
Die Klägerin war zuletzt in Vollzeit mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.400,00 Euro bei einem Unternehmen tätig, das unter anderem mit Kryptowährungen befasst. Ihr Arbeitsvertrag sah zusätzlich zum Gehalt auch eine Provision auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vor. Diese Provision sollte in Euro berechnet, jedoch „zum aktuellen Wechselkurs“ in Ether (ETH) umgerechnet und ausgezahlt werden. Trotz mehrfacher Aufforderungen und der Mitteilung eines Wallets, kam es bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses im Dezember 2021 nie zur tatsächlichen Übertragung von ETH. Erst mit der letzten Gehaltsabrechnung erhielt die Klägerin rückwirkend eine Auszahlung über 15.166,16 Euro brutto. Dennoch verlangte sie zusätzlich 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020.
Die Beklagte war der Ansicht, etwaige berechtigte Provisionsansprüche seien bereits durch die im Dezember 2021 erfolgte Zahlung vollständig erfüllt worden. Zudem argumentierte sie, dass gemäß § 107 Abs. 1 GewO das Arbeitsentgelt zwingend in Euro zu leisten sei, weshalb eine Auszahlung in Kryptowährung unzulässig sei.
Die Vorinstanzen gaben der Klage – soweit für die Revision von Bedeutung – statt.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Die Revision der Beklagten hatte Erfolg, da das Berufungsgericht die Ermittlung des pfändbaren Einkommens im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO fehlerhaft vorgenommen hatte.
Zwar bejahte das Bundesarbeitsgericht dem Grunde nach einen Anspruch der Klägerin auf Auszahlung der Provision in Form von ETH als zulässigen Sachbezug gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO, da die Vereinbarung im objektiven Interesse der Klägerin lag. Jedoch ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO sicherzustellen, dass der unpfändbare Teil des Arbeitsentgelts in Geld ausgezahlt wird. Die Vereinbarung war insoweit teilweise nichtig, als der Sachbezug die Pfändungsfreigrenzen überschritt.
Da das Berufungsgericht die pfändbaren Beträge unter Verstoß gegen die §§ 850 ff. ZPO berechnet und die erforderlichen Tatsachen für eine abschließende Entscheidung nicht vollständig festgestellt hatte, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?
Das Urteil stellt klar, dass Kryptowährungen wie Ether (ETH) grundsätzlich als Sachbezug zur Vergütung – etwa von Provisionen – zulässig sind, sofern dies im objektiven Interesse der beschäftigten Person liegt. Arbeitgebende müssen dabei sicherstellen, dass der unpfändbare Teil des Entgelts zwingend in Euro ausgezahlt wird. Für die Praxis bedeutet das: Vergütungsmodelle mit Kryptowährungen sind möglich, aber nur bei transparenter vertraglicher Vereinbarung und unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen. Unternehmen sollten entsprechende Regelungen sorgfältig gestalten und dokumentieren.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 17/25 des Bundesarbeitsgerichts vom 16.04.2025
Bei Fragen und Beratungsbedarf zu diesem Thema stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung!