BAG: Befristeter Arbeitsvertrag endet trotz Wahl in den Betriebsrat

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Juni 2025 – 7 AZR 50/24 –

Der Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern ist in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Arbeitgebende dürfen Betriebsratsmitgliedern grundsätzlich nicht ordentlich kündigen, um ihre unabhängige Tätigkeit zu sichern. Doch wie verhält es sich, wenn Arbeitnehmende mit einem befristeten Arbeitsvertrag in den Betriebsrat gewählt werden? Endet das Arbeitsverhältnis trotzdem automatisch mit Ablauf der Befristung – oder wirkt der besondere Schutz des Betriebsratsmandats darüber hinaus? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht im Juni 2025 erneut befasst.

Sachverhalt

Die beklagte Arbeitgeberin erbringt logistische Dienstleistungen. Anfang 2021 schloss sie mit dem Kläger einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag, der später bis zum 14. Februar 2023 verlängert wurde. Im Sommer 2022 wurde der Kläger in den Betriebsrat gewählt. Zum Ablaufdatum hatten insgesamt 19 Arbeitnehmer einen befristeten Vertrag, von denen 16 ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags erhielten. Der Kläger gehörte nicht dazu.

Der Arbeitnehmer klagte: Er hielt die Befristung für unwirksam und verlangte hilfsweise den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ab dem 15. Februar 2023. Er begründete sei Verlangen damit, dass die Nichtverlängerung eine Benachteiligung wegen seines Betriebsratsamts darstelle. Zwar hätten andere Betriebsratsmitglieder unbefristete Verträge bekommen, diese seien jedoch – anders als er – nicht über eine Gewerkschaftsliste in den Betriebsrat eingezogen.

Die Arbeitgeberin entgegnete, dass die Entscheidung allein an seiner Arbeitsleistung und seinem Verhalten gelegen habe. Seine Betriebsratstätigkeit habe dabei keine Rolle gespielt.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urteil vom 9. Januar 2024 – 11 Sa 476/23) gaben der Arbeitgeberin Recht: Die Befristung sei wirksam, und es gebe keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Ein befristetes Arbeitsverhältnis ende auch dann mit Ablauf der vereinbarten Zeit, wenn Arbeitnehmende währenddessen in den Betriebsrat gewählt werden. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung (BAG-Urteile vom 5. Dezember 2012 – 7 AZR 698/11 – und vom 25. Juni 2014 – 7 AZR 847/12). Auch das Unionsrecht gebiete keine andere Lösung. Betriebsratsmitglieder seien ausreichend durch § 78 Satz 2 BetrVG geschützt, welcher die Benachteiligungen wegen der Betriebsratstätigkeit verbietet. Im konkreten Fall hatte das Landesarbeitsgericht überzeugend festgestellt, dass die Arbeitgeberin ihre Entscheidung nicht wegen des Betriebsratsamts getroffen hatte. Daher bestand auch kein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines unbefristeten Folgevertrags.

Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?

Für Beschäftigte bedeutet die Entscheidung, dass die Wahl in den Betriebsrat einen befristeten Vertrag nicht automatisch verlängert. Das Arbeitsverhältnis endet regulär mit Ablauf der Befristung. Ein Schutz gegen Benachteiligungen besteht jedoch weiterhin: Wird nachweislich wegen des Betriebsratsamts keine Vertragsverlängerung angeboten, kann Schadensersatz in Form eines Folgevertrags verlangt werden.

Für Arbeitgebende bleibt festzuhalten, dass Befristungen auch bei einer Wahl in den Betriebsrat wirksam bleiben, solange sie den Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) entsprechen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Wird einem Betriebsratsmitglied im Vergleich zu anderen Beschäftigten die Verlängerung oder Entfristung allein wegen der Betriebsratstätigkeit verweigert, drohen Schadensersatzansprüche. Arbeitgeber sollten ihre Entscheidungsgründe daher sorgfältig dokumentieren.

Quelle: Pressemitteilung 26/25 des BAG vom 18. Juni 2025

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