Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2023 – 3 Sa 33/22
Die ständig wachsende Bedeutung des Datenschutzes in der heutigen digitalen Ära prägt sowohl den Arbeitsalltag als auch rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmer*innen. Besonders im Fokus stehen dabei auch die Bildrechte von Mitarbeiter*innen, da Bilder und Videos zunehmend für Werbezwecke und Unternehmensdarstellungen genutzt werden. Die jüngste Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg in einem Fall, in dem ein ehemaliger Mitarbeiter wegen Datenschutzverletzungen und unerlaubter Verwendung seines Bildmaterials gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber vorging, verdeutlicht die Komplexität und die rechtlichen Folgen, die mit solchen Verstößen einhergehen können.
Sachverhalt
Der Kläger war bis zum 30. April 2019 bei der Beklagten als Werbetechniker beschäftigt. Seit dem 1. Mai 2019 arbeitet er bei einem Mitbewerber. Während seiner Tätigkeit ließ die Beklagte vom Kläger Fotos und ein Video machen, die sie für Werbezwecke nutzte. Nach seinem Ausscheiden forderte der Kläger die Löschung dieser Materialien, was die Beklagte erst verzögert umsetzte.
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe seine Datenschutzrechte verletzt und dadurch seine berufliche Reputation beeinträchtigt. Er verlangt Auskunft über die Verwendung seiner persönlichen Daten und fordert Schadensersatz. Die Beklagte bestreitet die Vorwürfe und behauptet, sie habe die Daten gelöscht und die Verwendung der Materialien sei mit Einverständnis des Klägers erfolgt.
Das vorinstanzliche Arbeitsgericht gab dem Kläger teilweise Recht und sprach dem Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 5.000 Euro zu, wobei 2.000 Euro auf einen immateriellen Schadenersatzanspruch wegen des unvollständigen Auskunftsverlangens und 3.000 Euro auf einen Entschädigungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers entfielen. Der Kläger legte hiergegen Berufung ein, da er eine höhere Entschädigung für angemessen empfand.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise statt. Dem Kläger wurde ein Schadensersatz wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in Höhe von 10.000,00 Euro zugesprochen. Ein immaterieller Schadensersatzanspruch wurde hingegen abgelehnt.
Nach Ansicht des Gerichts hatte die Beklagte das Bildmaterial des Klägers ohne Erlaubnis in Video- und Fotoaufnahmen verwendet. Aus diesem Grund ergäbe sich ein Schadensersatzanspruch wegen des Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 3 S. 1 i.V.m Art. 82 Abs. 1 DSGVO bzw. ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Eine Vereinbarung zur Nutzung des Materials über das Ausscheiden des Klägers hinaus, habe nicht bestanden. Trotz anfänglicher Einwilligung des Klägers sei die fortgesetzte Verwendung nach seinem Ausscheiden nicht gerechtfertigt. Sämtliche Bildnisse des Klägers hätten entfernt werden müssen. Das Gericht erkannte eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers und berücksichtigte bei der Festsetzung des Schadensersatzes, dass die Beklagte den Kläger auch nach seinem Ausscheiden zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen einsetzte. Als angemessene Entschädigungssumme wurden 10.000,00 € festgesetzt.
Den immateriellen Schadenersatzanspruch wegen des unvollständigen Auskunftsverlangens lehnte das Gericht hingegen ab. Die verspätete Auskunftserteilung auf ein Verlangen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, stelle als solche keinen immateriellen Schaden dar. Ein bloßer Verstoß gegen die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung genüge nicht, um einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen. Art. 82 Abs. 1 DSGVO enthalte auch keine Vermutung dahingehend, dass der mit einem Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung einhergehende Kontrollverlust über die eigenen Daten als solcher zu einem ersatzfähigen immateriellen Schaden führe.
Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?
Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, Datenschutzbestimmungen einzuhalten, klare Vereinbarungen zu treffen und transparent zu kommunizieren, insbesondere im Umgang mit persönlichen Daten von Mitarbeiter*innen. Zwar zieht nicht gleich jeder Verstoß gegen die Datenschutzverordnung einen Schadenersatzanspruch nach sich. Man sollte sich aber dennoch bewusst machen, dass die Verwendung von Bildmaterial oder persönlichen Daten von Mitarbeiter*innen ohne deren ausdrückliche Erlaubnis zu erheblichen Schadensersatzansprüchen führen kann. Es ist wichtig, klare Vereinbarungen über die Nutzung von Bildmaterial oder persönlichen Daten von Mitarbeiter*innen, auch nach deren Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, zu treffen.
Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2023 – 3 Sa 33/22 –, juris
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