Die Frauenfußball-EM 2025 hat begonnen und lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit auf das Spielfeld, sondern auch auf eine bedeutende Diskussion abseits davon: Equal Pay im Frauenfußball. Die Diskussion um Equal Pay ist nicht neu: Einige Länder haben bereits Gleichstellung erreicht, andere sind auf dem Weg dorthin. Unter anderem haben die US-amerikanischen Fußballerinnen durch eine Klage gegen ihren Verband auf sich aufmerksam gemacht, die in einem Vergleich endete, der ihnen gleiche Bezahlung zusichert. In Deutschland wurden die Prämien für die EM 2025 zwar deutlich erhöht, sie bleiben jedoch immer noch deutlich unter denen der Männer. Doch wie steht es arbeitsrechtlich um die Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft?
Equal Pay: Was gilt rechtlich?
Nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) haben Männer und Frauen Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen ihres Geschlechts weniger verdient als eine Vergleichsperson des anderen Geschlechts für die gleiche oder gleichwertige Arbeit. Auch mittelbare Benachteiligungen sind verboten, also solche, die durch scheinbar neutrale Kriterien faktisch zu einer Benachteiligung führen. Allerdings können Unterschiede beim Entgelt gerechtfertigt sein, wenn sie auf arbeitsmarkt-, leistungs- oder arbeitsergebnisbezogenen Gründen beruhen und verhältnismäßig sind. Nach § 22 AGG wird zudem vermutet, dass eine Entgeltungleichbehandlung wegen des Geschlechts erfolgt, wenn Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit weniger verdienen als Männer. Diese Vermutung kann der Arbeitgeber nur mit stichhaltigen, objektiven Gründen entkräften.
Sind Nationalspielerinnen Arbeitnehmerinnen?
Die arbeitsrechtliche Stellung von Nationalspielerinnen ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Diese Einordnung ist jedoch entscheidend, da sie ihre rechtlichen Ansprüche auf gleiche Bezahlung erheblich beeinflussen könnte. Während Profifußballer*innen im Vereinsfußball nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Arbeitnehmende gelten, ist dies bei Nationalspieler*innen umstritten. Dennoch gibt es einige Faktoren, die für eine solche Einordnung sprechen könnten: Sie haben regelmäßig privatrechtliche Verträge mit dem Verband über die Leistung (Training und Spiele) und Gegenleistungen (Prämien, Vergütungen); sind in die Organisation des Verbands eingebunden, müssen etwa Pressetermine wahrnehmen und sich an die Reiseplanung halten; sie unterliegen Weisungen des Verbandes und mit der sportlichen Tätigkeit wird ein wirtschaftliches Interesse verfolgt. Auch im Rahmen der Nationalmannschaft dürfte es längst nicht mehr nur um Ruhm und Ehre gehen, sondern vordergründig um Einnahmen. Damit liegen wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses vor. Insoweit liegt es nahe, dass sie als Arbeitnehmerinnen betrachtet werden könnten, was ihnen stärkere rechtliche Hebel zur Durchsetzung von Entgeltgleichheit geben würde.
Gibt es eine Benachteiligung im Frauenfußball?
Die Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft erhalten im Erfolgsfall eine Siegprämie von bis zu 120.000 Euro. Ihre männlichen Kollegen hätten für denselben Erfolg 2024 bis zu 400.000 Euro erhalten. Die Ungleichbehandlung scheint offensichtlich, doch ist sie auch rechtlich relevant?
Die Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft müssten zunächst eine gleiche oder gleichwertige Arbeit, wie ihre männlichen Kollegen ausüben. Dabei ist immer eine Gesamtbetrachtung erforderlich. Zumindest die Art der Tätigkeit und die Ausübung dieser dürften bei Männern und Frauen identisch sein, weswegen diese Voraussetzung vorliegen dürfte. Auf Grundlage dieser Annahme dürften Nationalspielerinnen weder unmittelbar noch mittelbar benachteiligt werden.
Die unterschiedliche Bezahlung wird häufig damit argumentiert, dass der Männerfußball deutlich mehr Einnahmen generiert und populärer ist. Es dürfte außer Frage stehen, dass der Männerfußball grundsätzlich mehr Zuschauer anzieht. Ob die Popularität des Wettbewerbs ein sachliches Kriterium für die unterschiedliche Bezahlung sein kann ist jedoch fraglich. Männerfußball wird vorwiegend von Männern geschaut, Frauenfußball vorwiegend von Frauen. Da der Fußball jedoch über Jahrzehnte als reine Männerdomäne betrachtet und vermarktet wurde sowie auch im Breitensport in vielen Vereinen lange Zeiten keine reinen Mädchen- und Frauenmannschaften existierten, ist es nicht verwunderlich, dass das Interesse für den Frauenfußball erst in den letzten Jahren deutlich zunimmt. Insoweit dürfte die Popularität ebenfalls auf eine strukturelle Benachteiligung von Frauen zurückzuführen sein. Diese nunmehr als „neutrales“ Kriterium anzuführen ist paradox.
Juristisch betrachtet liegt hier zumindest eine mittelbare Benachteiligung vor: Ein scheinbar neutrales Kriterium (Popularität des Wettbewerbs) führt in der Praxis zu einer systematischen Benachteiligung von Frauen. Die Entgeltungleichheit ist nur dann zulässig, wenn sie durch objektive, leistungsbezogene Kriterien nachvollziehbar begründet wird. Hier wird dann das Argument der Profitabilität angeführt. Auch insoweit ist gerade im Lichte der strukturellen Benachteiligung des Frauenfußballs in der Vergangenheit (z. B. Spielverbot durch den DFB bis 1970) darauf hinzuweisen, dass sich eine unkritische Übernahme von Marktlogiken als diskriminierungsverstärkend auswirken kann. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass der Frauenfußball ein Wachstumsmarkt ist, bei dem noch starke Zuwächse zu erwarten sind. Die gesteigerte Sichtbarkeit wirkt sich positiv auf die Profitabilität des Frauenfußballs aus. Es ist paradox, wenn die mittelbare Benachteiligung mit einem Kriterium gerechtfertigt wird, welches fast gänzlich auf die von Männern geschaffene Dominanz im Fußball zurückzuführen ist.
Fazit
Equal Pay ist kein bloßer Gerechtigkeitsappell, sondern arbeitsrechtlich fundiert. Wenn Nationalspielerinnen als Arbeitnehmerinnen zu qualifizieren sind – und vieles spricht dafür –, haben sie bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt. Die ungleiche Bezahlung durch den DFB dürfte sich daher zumindest als mittelbare Benachteiligung darstellen, die nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt werden kann. Andere Nationen haben gezeigt, dass Gleichbehandlung im Sport möglich ist. Der deutsche Frauenfußball verdient nicht nur Applaus, sondern auch Augenhöhe auf dem Gehaltszettel.